Bufdis im Einsatz: Zeit sich zu orientieren
Nach Angaben des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben sind aktuell 36 Freiwillige (Bufdis) in der Stadt und 20 im Landkreis aktiv. Ihre Tätigkeitsbereiche sind dabei so verschieden wie die Bufdis selbst.
Zurück in die Schule
Marlene Hein hat sich als Bufdi nach dem Abitur ein Jahr lang bei der Alfons-Lindner-Schule in Tiefenbach eingebracht. „Ich habe zum Beispiel eine virtuelle Schulführung gedreht, als der Schnuppertag dieses Jahr coronabedingt ausgefallen ist. Ich habe selbst das Konzept ausgearbeitet und das Projekt betreut“, erzählt die 19-Jährige. „Was man zu tun bekommt, hängt immer auch vom Einzelnen ab, von seinen Interessen, seinen Begabungen.“
Schulleiterin Doris Weikl unterstreicht die Bedeutung der Freiwilligen: „Wir schätzen das Engagement sehr. Unsere Bufdis helfen uns auch bei Verwaltungsaufgaben und in der Mensa, oder sie unterstützen einzelne Schüler im Unterricht, bringen sich bei der Hausaufgabenbetreuung ein und machen Spiele mit den Kindern“, zählt Doris Weikl auf. Bisher habe die Alfons-Lindner-Schule ausschließlich gute Erfahrungen mit den Bufdis gemacht. „Für das kommende Schuljahr haben wir aber noch keinen“, bedauert die Rektorin. „Zwei Freiwillige, die an der Grund- oder der Mittelschule mitarbeiten wollen, könnten wir gut brauchen. Auch wer schon ein bisschen älter ist, Interesse mitbringt und vielleicht in den Beruf Lehrer reinschnuppern will, kann sich bewerben.“
Es gibt genug zu tun, um die 40-Stunden-Woche der Bufdis sinnvoll zu füllen. Marlene Hein hat den Arbeitsalltag nicht als Belastung empfunden – ganz im Gegenteil: „Ich hatte eine wirklich schöne Zeit an der Grundschule. Über das Jahr habe ich viel gelernt und meine sozialen Fähigkeiten verbessert. An der Alfons-Lindner-Schule herrscht ein sehr angenehmes Klima.“
Neben der Alfons-Lindner-Schule bietet auch die Ilztalschule Plätze für Bufdis an. „Im abgeschlossenen Schuljahr hatten wir das erste Mal einen Freiwilligen bei uns“, berichtet Rektorin Irmgard Paulik. „Das war ein voller Erfolg. Unser Bufdi Elias war in allen Bereichen top. Im kommenden Schuljahr hätten wir deswegen gerne zwei Bufdis bei uns; eine Stelle haben wir bereits über Mundpropaganda besetzen können.“
Die Besetzung der zweiten Stelle gestaltet sich schwierig – doch nicht wegen eines Mangels an Interessenten. „Gerade aus dem Ausland bekommen wir viele Bewerbungen. Ich denke wir sind einfach recht wählerisch“, fügt Irmgard Paulik lachend hinzu. Elias Liebl findet, dass die Bewerbung sich lohnt: „Das war eine tolle Erfahrung in einem Tätigkeitsbereich, den ich gar nicht so im Blick hatte. Jetzt kann ich mir vorstellen, selbst in die Richtung zu gehen.“
Mit der Ilztalschule hat es Elias Liebl dann doch noch in die Ferne verschlagen: „Ich war dabei, als wir mit sechs Schülern die Partnerschule in Kambodscha besucht haben. Nach einer Woche an der Schule haben wir uns noch etwa zehn Tage das Land angeschaut.“
Einsatz im Frauencafé
Ganz andere Aufgaben erwarten die Bufdis beim Verein „Gemeinsam leben und lernen in Europa“ (GLL). Dieser will nicht nur ehrenamtliches Engagement in der Gesellschaft fördern, sondern setzt sich auch für Vielfalt, Toleranz und Chancengleichheit ein und will aktiv an einem besseren Miteinander in Europa arbeiten. Anna Reither hat als Bufdi den Weg zu GLL gefunden. „Nachdem ich 30 Jahre lang als Geschäftskundenbetreuerin bei einer Großbank gearbeitet hatte, wollte ich mich für ein Jahr ehrenamtlich engagieren.“ Dabei lag ihr viel daran, ihre langjährige Berufserfahrung einbringen zu können. Bei GLL übernahm Anna Reither im regelmäßig stattfindenden Frauencafé ein Projekt, das Frauen mit Migrationshintergrund in Deutschland den Weg in den Beruf ebnen soll. „Was ich an der Arbeit bei GLL sehr schätze, ist, dass ich mich intensiv in den kreativen Prozess einbringen kann. Ich kann einen Unterschied im Leben der Frauen machen, indem ich ihnen Raum für Austausch gebe und neue Erfahrungen ermögliche.“
Daneben ist auch weiterhin ihre Zahlenfertigkeit gefragt: In einem anderen Projekt übernimmt die über 50-Jährige das Controlling von Projektmitteln. Für Anna Reither ist der Bundesfreiwilligendienst eine Möglichkeit, sich nach einer langen Arbeitsphase Zeit für die Gesellschaft und sich selbst zu nehmen. Für ihre berufliche Weiterentwicklung spielt diese Orientierungszeit ebenfalls eine wichtige Rolle: Der lang gehegte Traum, eine Coachingausbildung zu absolvieren, nimmt immer konkretere Formen an.
Im Rettungsdienst mitfahren
Mit 13 aktiven Bufdis in Stadt und Landkreis ist der BRK-Kreisverband Passau eine der größten Anlaufstellen für Freiwillige. „Die Bufdis sind sehr wichtig für uns“, betont Anna-Lena Donaubauer, Sachbearbeiterin beim Passauer Kreisverband des BRK. „Leider werden die Bewerbungen mit den Jahren immer weniger.“ Klaus Achatz, Leiter des Rettungsdienstes, unterstreicht die Bedeutung der Freiwilligenarbeit: „Wir setzen unsere Bufdis überwiegend im Rettungsdienst ein. Da sind wir ganz gut aufgestellt, drei oder vier mehr könnten wir aber schon gebrauchen. In Fahrdienst und Pflege gäb’s auch noch Kapazitäten.“ Voraussetzung für die Arbeit beim BRK sind Volljährigkeit, ein Auto-Führerschein und Offenheit für die Arbeit mit Menschen. „Am wichtigsten sind aber Freundlichkeit und Weltoffenheit“, betont Klaus Achatz.
Für ihren Einsatz bekommen die Freiwilligen viel Wertvolles mit auf den Weg. „Die jungen Leute lernen bei uns Verantwortungsbewusstsein und Belastbarkeit. Sie nehmen eine breite medizinische Ausbildung und viel Lebenserfahrung mit. Oft kommen die 18-Jährigen zu Information und Anmeldung noch mit der Mama, wenn ich sie ein Jahr später verabschiede, sitzen mir richtige Erwachsene gegenüber.“
Naturgemäß zieht der Bundesfreiwilligendienst beim BRK viele junge Leute an, die selbst mit einem Medizinstudium liebäugeln. „Für die sind wir attraktiv, der Dienst lässt sich auch auf das Medizinstudium anrechnen“, weiß Klaus Achatz. Freiwilligenarbeit und soziales Engagement legt er aber auch allen anderen ans Herz: „Das Ende des Zivildienstes war ein großer Verlust. Weniger Menschen finden jetzt den Zugang zum sozialen Engagement. Das wirkt sich auf Berufsentscheidungen, aber auch auf ehrenamtliche oder finanzielle Unterstützungsbereitschaft aus.“