Von Kalteneck nach Kambodscha

Schüler der Ilztalschule drei Wochen bei Hilfsprojekt in südostasiatischem Land – „Teacher-Training“ für dortige Lehrer

Hutthurm. Saftige Früchteberge am Markt, riesige Palmen vor glutroten Sonnenuntergängen, weite Reisfelder, von Mangroven überwachsene Weltkulturstätten, glückselig strahlende Kinder, aber auch stinkender Plastikmüll, verdrecktes Wasser, verbrannte Erde und viel Armut: Voll widersprüchlicher Eindrücke sind sechs Schüler der Ilztalschule mit zwei Betreuern von ihrer dreiwöchigen Reise aus Südostasien zurückgekommen. Ziel war die von Irmgard Paulik mit der Jesuitenmission 2007 gegründete Partnerschule der Ilztalschule in Kambodscha.

„Habt ihr wirklich Schlangen gegessen? Wohnen da echt Kinder, die kaum laufen können, weil sie immer auf einem Boot leben? Und die verbrennen all ihren Plastikmüll einfach vor dem Haus?“ Die Mitschüler können es gar nicht glauben, was alles heraussprudelt aus den Mitreisenden des „Kambodscha-Teams“, seit diese wieder aus Südostasien zurück sind an ihrer Schule in Kalteneck in der Gemeinde Hutthurm. Sie werden nicht müde, von ihren faszinierenden Erlebnissen und Eindrücken zu berichten. 

 Los ging das große Abenteuer an Silvester. „Ich bin zum ersten Mal geflogen“, erzählt der zwölfjährige Fabian immer noch ganz aufgeregt. Von Frankfurt ging es über Bangkok nach Phnom Penh, wo die Reisenden von Pater Noel von der Bildungseinrichtung „Soriya“ abgeholt wurden. „Wir sind seit 1977 befreundet“, erzählt Irmgard Paulik, eine der Ilztal-Schulleiterinnen. Sie war schon unzählige Male in dem fernen Land und leistet dort Entwicklungsarbeit.

Und auch diesmal war es nicht nur Abenteuer, sondern Arbeit mit den Kindern und Lehrern von „Soriya“, was Sonne in der Landessprache Khmer heißt, rund 200 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, mitten auf dem Land. Diese Farm in Kambodscha mit Schule, Landwirtschaft und Kindergarten wird seit Jahren durch viele Aktionen im Landkreis, wie etwa dem alljährlichen Solidaritätslauf in Tiefenbach, unterstützt, um der Landflucht entgegenzuwirken und auch die bereits verlorene Tradition des Reisanbaus wiederzubeleben. „Teacher-Training“ lautete das Motto der Reise. Nach ein paar Tagen Kennenlernen der Hauptstadt – „da stinkt es furchtbar und die hupen ständig“, wie Fabian im Gedächtnis geblieben ist, – ging es mit dem Tuctuc aufs Land.

„Die Schule war am coolsten“, erzählt die 14-jährige Helene Rossa. Sie hatte einen „trinomischen Kubus“ im Reisegepäck, um an der Schule Lehrern und Kindern nachhaltige pädagogische Methoden anschaulich zu zeigen. Lukas Fischl beschrieb seinen aufmerksamen Zuhörern bei „seinem“ Reisprojekt effektivere Anbaumethoden vom Korn zur Pflanze, Pascal erklärte den Kindern, wie man mit Montessori-Material am einfachsten Rechnen lernt, Elisabeth demonstrierte den aufmerksam lauschenden Kindern und Lehrern mit Hilfe eines Nagelbretts, wie man geometrische Figuren leichter versteht.

„Die Idee ist, dass die Lehrer dort Materialien bekommen, die sie selber herstellen können, und ihnen zu zeigen, wie sie sie anwenden können“, erklärt Irmgard Paulik. 

Ein Höhepunkt für den zwölfjährigen Fabian war das Bauen eines eigenen Pizzaofens am Schulgelände. Er erinnert sich aber auch an den ständigen Plastikgestank in der Nase. „Da gibt es keine Müllabfuhr, die verbrennen einfach alles“, hat der 18-jährige Elias Liebl, als Bufdi an der Ilztalschule mit dabei, auf der Reise durch das fremde Land beobachtet. Probleme sind in der Region neben Wassermangel die immensen Plastikmüllberge. 

Zu Besuch war die eifrige Truppe auch bei den „Floating villages“, ein Dorf von Hausbooten auf dem Wasser, wo Kadaver von Hunden, Plastikmüll und Fäkalien schwimmen. „Die Leute trinken das Wasser“, kann Elisabeth Falkner es immer noch nicht glauben, unter welchen Verhältnissen die Menschen dort leben. „Wenn wir das trinken würden, dann würden wir uns sofort infizieren“, weiß die Zwölfjährige mittlerweile genau. Deshalb passten die Kinder gut aufeinander auf, tranken nur Wasser aus der Flasche, aßen, was „safe“ ist, zeigten den Kambodschanern, wie man Bambusstrohhalme und Wachspapier macht. „Die Idee ist vorzumachen, wie man Plastik einsparen kann“, erklärt Irmgard Paulik. 

Von vielen Begegnungen erzählen die Schüler, wobei die Sprache manchmal eine kleine Schwierigkeit war. Doch mit viel Gestik und „über Englisch konnten wir uns schon einigermaßen verständigen“, berichtet Bufdi Elias, der die 20-tägige Reise auch in beeindruckenden Bildern festgehalten hat. Ihn hat vor allem die Gastfreundschaft der Leute, die Offenheit, der Zusammenhalt fasziniert. Die riesigen Bäumen im Weltkulturerbe Angkor Wat, eine uralte Tempelstadt der Khmer, sind Lukas Fischl besonders in Erinnerung geblieben – und die Affen und die vielen Schlangen, auch mal im Gästehaus in „Soriya“, wo die Helfer aus Deutschland auf dünnen Matratzen unter dichten Moskitonetzen schliefen. „Dass die Menschen auch ohne Geld glücklich sind und viel Zeit für ihre Kinder haben“, fand die zwölfjährige Elisabeth besonders schön. 

Hoffnung liegt jetzt auf der 19-jährigen Kambodschanerin Kun. Ihr Traum wäre, Lehrerin an der Schule zu werden, habe sie den Reisenden aus Deutschland erzählt. Und Irmgard Paulik gibt zu, dass das auch ihr Traum wäre. „Die kommt aus dem Dorf, hängt daran, würde gern als Lehrerin arbeiten. Meine Hoffnung wäre, dass sie Soriya weiter ausbaut,“ will sie das Hilfsprojekt in gute Hände legen. 

KAMBODSCHA-TAGAm 6. März ist an der Ilztalschule großer „Kambodscha-Tag“ für alle Interessierten. Neben einem Bildervortrag sowie Reise- und Erfahrungsberichten ist ein kambodschanisches Buffet geplant sowie der Verkauf von Produkten aus der Region. Der Erlös fließt in die Hilfsaktion, mit der in Kambodscha Bäume gepflanzt werden sollen. 600 Euro sind bereits gesammelt worden, die an das Projekt der Jesuitenmission gehen, das sich die Aufforstung gerodeter Waldflächen in Kambodscha zur Aufgabe gemacht hat – auch, um die hohen CO2-Emissionen der Flüge von fast fünf Tonnen pro Person auszugleichen. Weitere Sammel- und Spendenaktionen sind geplant. 

PNP – Sibylle Neumeier